Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung ist ein sperriger Begriff, der in der Medizin mit der Buchstabenkombination ADHS abgekürzt wird. Für Betroffene ist die Diagnose mit vielen Fragen und Sorgen verbunden. Eltern, die ADHS bei ihrem Kind vermuten, sollten einen erfahrenen Arzt konsultieren. Erst dann kann unter Einbeziehung aller Möglichkeiten eine gute Lösung gefunden werden. Ein großer Überblick zum Thema bietet erste Orientierung.
ADHS muss diagnostiziert werden
Eine Vermutung alleine reicht nicht aus, um ADHS zu bestätigen. Sollten sich schon in der Kindergartenzeit Verhaltensauffälligkeiten zeigen, fällt der Begriff „ADHS“ jedoch oft sehr schnell. Kann das Kind bei der Schulvorbereitung nicht stillsitzen, folgt es scheinbar plötzlichen Impulsen sehr spontan und bisweilen auch emotional, ist es ständig in Bewegung und fehlt es ihm an Konzentrationsfähigkeit, sorgt das für Leidensdruck. Oft nämlich fällt auch der Umgang mit ADHS-Kindern nicht leicht und ohne Diagnose kann es hier sogar zu Fehlern kommen.
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Beim Verdacht also ist der Gang zu einem erfahrenen Arzt die richtige Entscheidung. Er wird eine umfangreiche Diagnostik anstellen, bei der sowohl das Kind als auch dessen Eltern viele Fragen beantworten und im Rahmen von Tests aufschlussreiche Informationen liefern sollen. Grundlage für die Diagnose sind sogenannte Klassifikationssysteme wie ICD-10, das im Juni 2018 durch ICD-11 abgelöst wurde. In der Beschreibung des ICD-11, hier in Englisch nachzulesen, werden verschiedene, charakteristische Merkmale für ADHS genannt.
So zum Beispiel:
- Unaufmerksamkeit
- Impulsivität
- Hyperaktivität
- Konzentrationsschwierigkeiten
- und ein Mangel an Selbstkontrolle.
Ein Merkmal dieser Liste genügt jedoch nicht, um ADHS sicher diagnostizieren zu können. So müssen mehrere Punkte erfüllt werden und über einen Zeitraum von wenigstens einem halben Jahr bestehen bleiben. Auch weitere Testungen und Ausschlussdiagnosen, beispielsweise auf Hochbegabung, dissoziale Störungen oder Autismus erfolgen, um die Diagnose so weit wie möglich eingrenzen zu können. Am Schluss dann wird der behandelnde Arzt in einem Gespräch darlegen, welche Erkenntnisse die Diagnostik ergeben hat und weitere Maßnahmen mit den Eltern planen.
Welche Ursachen gibt es?
Wird beim eigenen Kind ADHS diagnostiziert, suchen viele Eltern nach Ursachen und Gründen. Auch Selbstvorwürfe sind nicht selten, denn Rückmeldungen aus der Gesellschaft fallen in vielen Fällen wertend und negativ aus. Diagnostiziertes ADHS jedoch ist kein Ergebnis mangelhafter Erziehung, sondern eine Störung, bei der Botenstoffe im Gehirn nicht richtig ausgeschüttet und verarbeitet werden.
Wo ADHS genau herkommt und wie es entsteht, ist indes noch nicht hinlänglich erforscht. Wissenschaftler gehen heute davon aus, dass es sich um ein multifaktoriell bedingtes Bild handelt, bei dem mehrere Ursachen im Zusammenspiel wirken. Genetische Ursachen liegen bei ADHS nahe. So zeigte sich in Studien mit Familien, Zwillingen und adoptierten Kindern, dass ADHS zu etwa 65 bis 90 Prozent genetisch bedingt ist. Das wiederum bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit für Verwandte, ebenfalls ADHS zu haben oder zu entwickeln, im Vergleich zu anderen Personen etwa drei- bis fünffach erhöht ist.
Während die genetische Prädiposition für ADHS als endogen bezeichnet wird, gibt es weitere exogene – also äußerliche – Einflüsse. Komplikationen während der Schwangerschaft oder der Geburt, Giftstoffe, Infektionen oder auch Erkrankungen und Verletzungen des Zentralen Nervensystems begünstigen die Entstehung von ADHS. Schwangere, die vor der Geburt rauchen oder Alkohol konsumieren, erhöhen das ADHS Risiko ihres Kindes. Weitere Umgebungseinflüsse und Zusammenhänge werden aktuell noch erforscht. Auch die Wissenschaft ist in Sachen ADHS noch nicht am Ende.
Drei Säulen der Behandlung von ADHS
Sobald ADHS sicher diagnostiziert wurde, beginnt die Behandlung. Es ist entscheidend, erst dann zu starten, wenn eine Diagnose vorliegt, um Fehler im Umgang mit dem Kind zu vermeiden, die unter Umständen weitere Probleme nach sich ziehen.
Die drei Säulen, auf denen die meist ambulante ADHS-Behandlung fußt, sind:
- Psychoedukation,
- Verhaltenstherapie
- und Medikation.
Es ist daher nicht richtig, dass erfahrene Ärzte sofort mit der Gabe eines Medikaments starten, denn auch hier gibt es bestimmte Vorgaben. Bei der Psychoedukation dreht sich zunächst alles um die genaue Erklärung der Krankheit, es wird über deren Verlauf und eventuelle Behandlungsmöglichkeiten gesprochen. Auch sollten an dieser Stelle bereits alle Personen in den Verlauf einbezogen werden, die sich in regelmäßigem Kontakt zum Kind stehen. Das sind nicht nur Eltern, sondern auch andere Verwandte, Betreuungspersonal und Lehrer.
In der Psychotherapie kommen bei ADHS vor allem verhaltenstherapeutische Ansätze zum Einsatz. Direktes und aktives Training mit dem Kind und auch seinen Eltern sowie Interventionen in Betreuungs- und Bildungseinrichtungen werden geplant und durchgeführt, nachdem das problematische Verhalten definiert und analysiert wurde. Der operanten Konditionierung kommt in der Verhaltenstherapie von ADHS Kindern besondere Bedeutung zu. Hier lernen die Kinder, Reiz-Reaktions-Muster zu übernehmen und das einst spontane Verhalten besser zu kontrollieren.
Wann eine Medikation sinnvoll sein kann
Ärzte sollten den Leitlinien einiger Fachgesellschaften erst dann zu Medikamenten greifen, wenn sowohl Psychoedukation als auch Verhaltenstherapie über mehrere Wochen hinweg nicht den gewünschten Erfolg brachten oder die Symptomatik so stark ausgeprägt ist, dass das Kind im Alltag große Schwierigkeiten hat. Einer milden Symptomatik also kann durchaus erst ohne Medikamente entgegengewirkt werden, bevor eine weitreichendere Behandlung erfolgt.
Sind Medikamente notwendig, kommen in Deutschland meist Psychostimulanzien zum Einsatz. Hier sind Methylphenidat (enthalten in Ritalin) und teilweise auch Dexamphetamin die empfehlenswerten Mittel. Methylphenidat harmonisiert die Botenstoffe im Gehirn und ermöglicht so ein ausgeglicheneres und konzentrierteres Verhalten. Methylphenidat entfaltet seine Wirkung bei etwa siebzig bis achtzig Prozent der Betroffenen Kinder und zeichnet sich durch schnellen Wirkeintritt und vergleichsweise kurze Wirkdauer aus. Ein alternativer Wirkstoff, der ebenfalls bei der Behandlung von ADHS zum Einsatz kommen kann, ist Atomoxetin. Er jedoch wirkt nicht sofort, sondern erst nach einigen Wochen, wobei die Dosierung schrittweise angepasst werden muss. Über das passende Medikament, seine möglichen Nebenwirkungen und auch wichtige Details wie Dosierung und Gabe informiert der verschreibende Arzt.
Viele Eltern möchten nach der ADHS Diagnose nicht sofort zu Medikamenten greifen, weswegen auch die Suche nach Alternativen den Alltag bestimmt. Bei einer Symptomatik, die das Leben nicht erheblich beeinträchtigt und auch begleitend zu therapeutischen und edukativen Ansätzen rücken Cannabinoide zunehmend in den Fokus. „Es wurde gezeigt, dass Cannabinoide die Übertragung des chemischen Neurotransmitters im Gehirn verbessern, was zur Verbesserung kognitiver Prozesse beiträgt. CBD hilft, die Konzentration von ADHS-Patienten zu erhöhen, indem es die Adenosinrezeptoren in ihrem Gehirn aktiver macht und dadurch Angstzustände reduziert.
Es wird genutzt, um die Ablenkungen und Hyperaktivität zu minimieren, die ADHS-Patienten aufweisen.“ (Quelle: https://nordicoil.de/wiki/cbd-fur-ads-und-adhs/) Die begleitende Gabe von CBD als zugelassenes Ergänzungsmittel, selbstverständlich in der richtigen Dosierung, ist daher einen Versuch wert und könnte eine Medikation mit anderen Präparaten unter Umständen obsolet machen. Über weitere Anwendungsgebiete des CBD Öls informiert cbdoele.de.
Video: ADHS: Ursachen und Bekämpfung – Welt der Wunder
Umgang mit ADHS im Alltag
Wie ADHS Deutschland e.V. berichtet, leiden in der Bundesrepublik etwa fünf Prozent aller Kinder und Jugendlichen zwischen drei und 17 Jahren an ADHS, wobei die Diagnose Jungen deutlich häufiger betrifft als Mädchen. Das ist eine wichtige Information, denn so erfahren Eltern, dass ihr Kind nicht das einzige ist und sie als Eltern ebenfalls nicht alleine auf weiter Flur stehen. So fällt der Umgang mit dem betroffenen Kind leichter und das Aufbringen von Verständnis gelingt.
Das nämlich ist bei ADHS besonders wichtig. So hat das Krankheitsbild auch Ressourcen zu bieten. Kinder verfügen oft über eine gute Reaktionsfähigkeit, ein hohes Maß an Kreativität und sind offen für Reize aus der Umgebung. Eltern sollten das nicht vergessen und ihrem Kind das Gefühl geben, so geliebt und angenommen zu werden, wie es ist. Machtkämpfe, Druck und Streit führen sonst zu einer großen psychischen Belastung, die das Leben des Kindes auch Jahre später negativ beeinflusst. Erfährt das Kind jedoch im Umgang mit der Krankheit, dass es eine wertvolle und gute Persönlichkeit besitzt, erleichtert das die weiteren Schritte.
Darüber hinaus erleichtern Maßnahmen wie die Einführung von Regeln, Abläufen und einer festen Tagesstruktur, Belohnungssysteme, ehrliche und wertschätzende Rückmeldung, viel Bewegung und eine große Portion Elternliebe das Leben mit ADHS.
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